(Quelle: Kirchenzeitung Köln – Ausgabe 2020/39)
„Die Menschen werden als Originale geboren, viele sterben als Fotokopien.“ So versuchte der italienische Jugendliche Carlo Acutis, junge Menschen an die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens zu erinnern.
Carlo Acutis wurde 1991 in London als Sohn von Andrea Acutis und dessen Frau Antonia Salzano geboren. Mit nur 15 Jahren starb er 2006 in Mailand an Leukämie. Sein kurzes Leben war tief von der Liebe zu Christus geprägt, die er mit großer Strahlkraft an die Menschen weitergab. Schon 2018 wurde Carlo vom Vatikan als Diener Gottes anerkannt. Im päpstlichen Dokument zur Jugendsynode „Christus vivit“ (Christus lebt, 2019) stellte Papst Franziskus ihn als einen Jugendlichen vor, der junge Menschen vor der Abhängigkeit von den digitalen Medien warnte und gleichzeitig das Internet sehr kreativ für die Verbreitung des Glaubens nutzte.
Ein ganz normaler Junge
Eine Reihe von Bekehrungen und medizinischen Wundern sind ihm nach seinem Tod zugesprochen worden, von denen bisher nur die Heilung eines brasilianischen Jungen vom Vatikan anerkannt wurde. Damit war seit Februar dieses Jahres der Weg für die Seligsprechung freigegeben, die nun am 10. Oktober in Assisi stattfinden wird. Schon jetzt ist er auch als zukünftiger Patron für das Internet im Gespräch.
Carlo Acutis wuchs als einziges Kind seiner Eltern mit viel Liebe und Aufmerksamkeit umsorgt auf. Carlo war auf den ersten Blick ein ganz normaler Junge: Er liebte Tiere und spielte wie seine Freunde Fußball, liebte Video-Spiele und Playstation und schaute mit Vorliebe Action-Filme an. Er war ein guter Schüler mit einer hohen Begabung für Mathematik und Informatik. Daher eignete er sich autodidaktisch Programmiersprachen an und gestaltete seine eigene Homepage und später auch die seiner Pfarrgemeinde.
Außergewöhnlich war sein sich von frühester Kindheit an ausprägender Glaube. Während besonders seine Mutter sich als damals religiöse Analphabetin bezeichnet, zog ihr Sohn sie schon als Dreijähriger bei Spaziergängen in die Kirche hinein. Er wollte Jesus grüßen und der Gottesmutter Blumen bringen. Als sie die bohrenden Fragen des Kindes zum Glauben nicht beantworten konnte, besuchte die Mutter sogar Glaubenskurse und wuchs so durch und mit ihrem Sohn tief in den Glauben hinein.
Sein Freund Jesus
Carlos Sehnsucht, seinem Freund Jesus in der Kommunion ganz nahekommen zu dürfen, wurde so groß, dass er als Siebenjähriger mit einer Sondergenehmigung zur Erstkommunion gehen durfte. Seitdem und bis zu seinem frühen Tod besuchte Carlo nach Möglichkeit jeden Tag die heilige Messe und hielt auch eucharistische Anbetung vor dem Tabernakel. Schon damals äußerte sich sein tiefes Verständnis der Eucharistie in dem Vertrauen, dass die Gläubigen heute es „besser haben als die Apostel, die vor 2000 Jahren mit Christus gelebt haben. Wir brauchen nur in die heilige Messe zu gehen, um ihm zu begegnen. Wir haben Jerusalem direkt vor der Haustür.“ Carlos zentrales Lebensmotto „Die Eucharistie ist meine Autobahn in den Himmel“ lässt eine frühe Sehnsucht nach dem himmlischen Leben spüren. Daher ging er auch in kurzen Abständen zur Beichte, um – wie er sagte – seine Sünden wie Gewichte beim Start zu einer Ballonfahrt abzuwerfen und so dem Himmel näherzukommen.
Aus seiner Liebe zum eucharistischen Herrn entwickelte Carlo Acutis missionarischen Eifer. Auf den indischen Hausangestellten seiner Eltern, einen brahmanischen Hindu, wirkte seine kindliche Liebe zu Christus so stark, dass dieser zum katholischen Glauben übertrat. In seinem Umfeld bemerkte der Junge aber, dass viele Menschen seine Liebe zum eucharistischen Herrn nicht teilen wollten.
Eucharistisches Wunder
So machte er sich auf die Suche nach einem Weg, den Wert und die Bedeutung der heiligen Eucharistie bekannter zu machen. Er fand diesen Weg, indem er die Geschichte der eucharistischen Wunder studierte, um sie auf seiner Homepage präsentieren zu können. Diese Wunder ereigneten sich besonders zahlreich im Mittelalter, aber auch in der Gegenwart (zuletzt 2013 im polnischen Legnica). An ihnen lässt sich die sichtbare Verwandlung von Brot und Wein in die Substanz der eucharistischen Gaben, in Leib oder Blut Christi, ablesen. Meistens zeigte sich Blut oder menschliches Herzgewebe auf einer Hostie oder auf einem Gegenstand. Carlo wollte mit der Beschreibung dieser Wunder allen Zweifelnden zeigen, dass sich Brot und Wein ganz real in den Leib und das Blut Christi verwandeln. Er hoffte, dass möglichst viele Menschen dadurch die wahre Bedeutung der Eucharistie erkennen und lieber die heilige Messe als das Fußballstadion besuchen würden. Diese Ausstellung ist heute in viele Sprachen übersetzt und im Internet abrufbar. Sie kann für Ausstellungen, zum Beispiel in Pfarrgemeinden, genutzt werden.
Das heiligmäßige Leben von Carlo Acutis strahlte auch auf seine karitative Tätigkeit bei den Obdachlosen seines gutbürgerlichen Stadtviertels aus. Hier war der heilige Franz von Assisi sein Vorbild, der sein Leben den Armen widmete, in denen er Christus erkannte. Während der Sommerurlaube seiner Familie in Assisi hatte der Junge viel Gelegenheit, sich anschaulich mit dem Leben des Poverello von Assisi zu beschäftigen.Daheim in Mailand kümmerte sich Carlo um die am Rande stehenden Menschen seines Wohnviertels. Von seinem Taschengeld kaufte er Notwendiges für die Armen und unterhielt sich gerne mit den vielen asiatischen und afrikanischen Türstehern seines wohlhabenden Stadtviertels. Bei seiner Beerdigung im Oktober 2006 gaben ihm nicht nur seine Angehörigen und Freunde die letzte Ehre. Auch viele Bedürftige und am Rande der Gesellschaft stehende Menschen begleiteten seinen letzten Weg.
Stahlkraft von jungen Menschen
Gestorben ist Carlo am 12. Oktober 2006 innerhalb nur weniger Tage an einer hochagressiven Form der Leukämie. Im Angesicht seines baldigen Todes hat er seine Leiden für den Papst und für die Kirche aufgeopfert. Begraben wurde er seinem Wunsch gemäß zunächst auf dem Friedhof in Assisi. Im April 2019 wurde sein Leichnam im Santuario della Spogliazione (Heiligtum der Entkleidung) in einen Sarkophag umgebettet. In der Nähe dieses Ortes hatte der heilige Franziskus sich vor den Augen seines Vaters seine reichen Gewänder ausgezogen und sich zum Armen für die Armen gemacht. Hier liegt Carlo Acutis, seines irdischen Leibes entkleidet, um in der von Christus für ihn bereiteten himmlischen Wohnung das Antlitz Gottes für immer schauen zu dürfen.
Sein kurzes Leben zeigt, welche Möglichkeiten und Strahlkraft gerade ein junger Mensch hat, aus der verinnerlichten Liebe zu Christus Gutes für andere Menschen zu tun und das Evangelium auch mit den Möglichkeiten der digitalen Kommunikation zu verkündigen. Das Leben des zukünftigen Seligen kann jedoch ein Ansporn für Menschen jeden Alters und jeden Standes sein, Christus mit dem eigenen Leben zu verherrlichen und ihn durch Wort und Tat in der Welt sichtbar zu machen.
Sr. Bernarda Mosler OSB
Die eucharistischen Wunder, die Carlo Acutis zusammengestellt hat, kann man im Internet abrufen: www.miracolieucaristici.org