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Die Tagespost: Herzbube Carlo Acutis ist Trumpf

VORBILD FÜR NEUEVANGELISIERUNG

Herzbube Carlo Acutis ist Trumpf

Je größer die Verwirrung und Gleichgültigkeit in der kirchlichen Hierarchie, desto intensiver suchen die Menschen nach glaubwürdigen Vorbildern. Ein Kommentar von Regina Einig

Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber (www.imago-images.de) | Alle Generationen und Muttersprachen waren bei den Reliquienbesuchen vertreten, ohne dass zuvor kostspielige PR-Strategen im Spiel waren.

Die Reliquie des seligen Carlo Acutis ist zum Stein des Anstoßes für verkopfte Katholiken geworden: Jenseits aller Pastoralkonzepte stimmt das Volk mit den Füßen ab und entscheidet sich für eine vermeintlich mittelalterliche Frömmigkeitsform. Eigentlich sollte die Kirche den Organisatoren der Reise dankbar sein. Die Eigeninitiative vieler steht im wohltuenden Gegensatz zur Konsumentenhaltung mancher Kirchensteuerzahler, die als Gegenleistung für ihre Steuerleistung erwarten, dass Hauptamtliche möglichst viel Arbeit von Laien fernhalten.

Niemand wird den vollen Kirchen in Hamburg, Köln und München ihren Werbecharakter absprechen dürfen: Alle Generationen und Muttersprachen waren bei den Reliquienbesuchen vertreten, ohne dass zuvor kostspielige PR-Strategen im Spiel waren. Volksfrömmigkeit erweist sich auch im Mutterland der Reformation als Magnet ohne Milieuschranken. Dass Carlo Acutis schon vor seiner Heiligsprechung weltweit zum Herzbuben der katholischen Kirche geworden ist, liegt an der Zeitgemäßheit dieses Heiligen. Je größer die Verwirrung und Gleichgültigkeit in der kirchlichen Hierarchie, desto intensiver suchen die Menschen nach glaubwürdigen Vorbildern. Keine Strukturreform kann menschliche Beziehungen ersetzen.

Sympathieträger Carlo Acutis

Die Gläubigen suchen Personen und Gesichter – und die Herzreliquie ist Trumpf, weil der Sympathieträger Carlo Acutis all das verkörpert, was den Gläubigen in unpersönlichen Strukturdebatten abgeht: Wärme, persönliche Beziehung, ein Vorbild mit innerem Feuer für Christus.

Konsequenterweise verdient auch die Herz-Jesu- und Herz-Mariä-Verehrung ein Comeback. Je stärker der Katholizismus in Deutschland von Gläubigen aus anderen Ländern geprägt wird, desto größer sind die Chancen, hier wieder den Anschluss an die Weltkirche zu finden. Die nachkonziliare Ächtung dieser Frömmigkeitsformen nördlich der Alpen erinnert an die emotionale Verarmung einer unglücklichen Experimentierphase der Kirche.

Als lebendiges Gegenteil einer verbürgerlichen Ortskirche gehört Volksfrömmigkeit heute zu den wenigen blühenden Ästen am Baum der Seelsorge. Dies gelten zu lassen, wäre ein echter Fortschritt für die Neuevangelisierung.  

[Zum Original-Artikel der Tagespost]

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